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  • AutorenbildCaro Schaefer

Erinnern und Gedenken

Aktualisiert: 19. Mai 2022


Erinnerungen sind das, »was man von einem Ereignis in der Vergangenheit oder von einer vergangenen Zeit im Bewusstsein hat«. So die Definition, die ich bei der ersten Angabe in die Suchmaschine angezeigt bekomme.

Sich erinnern.

Woran erinnere ich mich?

Ich erinnere mich zum Beispiel an Momente aus meiner Kindheit. Oder an den Moment als ich durch die Führerscheinprüfung gefallen bin. Oder als ich mit Freund*innen zum ersten Mal aufs Festival gefahren bin.

Sich erinnern.

Für mich klingt das privat.

Erinnern fängt mit mir selbst an.

Ganz im Gegensatz zu Gedenken.

Gedenken ist die Ehrung und Erinnerung an ein vergangenes Ereignis oder eine verstorbene Person.

Ich gedenke den als Homosexuell Verfolgten der Nazis. Ich gedenke den als Juden und Jüdinnen Verfolgten der Nazis. Ich gedenke den als Sinti und Romjas Verfolgten der Nazis. Ich gedenke den als politische Feinde Verfolgten der Nazis. Ich gedenke den Opfern des NSU. Ich gedenke Oui Jallah. Ich gedenke George Floyd. Ich gedenke Ferhat, Gökhan, Hamza, Said Nessar, Mercedes, Sedat, Kaloyan, Fatih und Vili.

Gedenken hat für mich etwas Offizielles und Förmliches.

Gedenktage.

Gedenkstätten.

Gedenken halt.

Aber Gedenken funktioniert nicht ohne das Erinnern.

Ich komm um das Erinnern nicht rum.

Um zu Gedenken muss ich mich erinnern.

Ich muss also privat anfangen.

Erinnern ist für mich laut.

Erzählen. Sprechen. Schreien. Teilen.

Gedenken ist leise.

Andächtigkeit. Stille. Schweigen. Kerzen anzünden. Kränze niederlegen.

Innehalten.

Erinnern.

Verinnerlichen.

Immer wieder fällt mir das wiederkehrende »Innen« in diesen Wörtern auf.

Wir sprechen über Dinge, Momente und Personen, die in uns sind oder sich damit verknüpfen lassen.

Wenn wir also über Erinnerung sprechen, sprechen wir auch über uns.


Wie mache ich nichts falsch?


Irgendwann auf einer der Proben schnappte ich beiläufig einen Gesprächsbrocken auf, der mir lange im Kopf blieb:

Darf ich das denn?

Wie mache ich nichts falsch?

Fragen, die sich im ersten Moment nach jahrelanger leistungsorientierter Bildungssystem anhören.

Dabei spricht hier vielmehr die Awareness für ein solch sensible Thema.

Die Texte, die wir gerade lesen, sind schließlich nicht unsere eigenen Worte.

Es sind nicht unsere Biografien.

Wie gehen wir damit um?

Wir sprechen schließlich aus einer privilegierten Position.

Wie viel darf ich sagen?

Was darf ich sagen?

Wer bekommt eine Stimme?

Ich finde, dass diese Fragen berechtigt sind.

Die Arbeit und die Auseinandersetzung mit einem solchen Thema erfordert Awareness.

Die Frage, wie wann was gesagt werden kann und darf, wird uns sicherlich noch lange in der künstlerischen Arbeit begleiten.

Der erste Schritt kann nur das Erinnern sein.

Das in sich horchen nach den Biografien.

Das in sich horchen nach bereits Gelerntem.

Das in sich horchen nach dem Jetzt.

Das Innern nun zu ergründen und daraus zu schöpfen.

Damit fangen wir an.


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